Gestern wurde in der Dorenburg des Niederrheinischen Freilichtmuseums Grefrath die Sonderausstellung „Viel mehr als Plastik – Actionfiguren und ihre Geschichte(n)“ eröffnet.
Für uns war das natürlich eine Pflichtveranstaltung. Einen ersten Blick auf die Ausstellung konnten wir bereits vor einer Woche werfen. Letzten Dienstag waren Chris und ich dort, um eine Vitrine zum Thema Kitbashing / Customs zu bestücken. Dies gab mir Gelegenheit erste Fotos zu machen und einige Exponate abzulichten, bevor die Frontscheiben der Vitrinen eingesetzt wurden.
Die Ausstellung illustriert die Geschichte der Actionfiguren beginnend mit Barbie, der Mutter aller Actionfiguren, zu G.I. Joe, der ersten Ankleidepuppe für Jungen – pardon – „Don’t call him a Doll!“ Das war die Devise die der Hersteller Hasbro ausgab und die Wortschöpfung Action Figure kreierte, denn Jungen spielen ja bekanntlich nicht mit Puppen. Zu sehen sind Figuren aus den 60er und 70er Jahren – wie Action Man, ein paar Mego Helden und natürlich Big Jim. Selbstverständlich fehlen auch nicht Meilensteine wie die Star Wars Toys von Kenner und beliebte Serien der 80er wie etwa die Transformers und die Masters of the Universe.
Die Ausstellung geht aber über das bloße Zeigen der Figuren hinaus und bietet viel Information in einem wissenschaftlichen Kontext. Politische und gesellschaftliche Entwicklungen hatten ihren Einfluss auf die Welt der kleinen Plastikmänner, denn nichts existiert im luftleeren Raum. So fiel G.I. Joe, während des Vietnamkrieges immer mehr in Ungnade. Der Schrecken des Krieges wurde damals live in die heimatlichen Wohnzimmer transportiert; Ereignisse wie das Massaker von My Lai kratzen am Bild der sauberen und heldenhaften U.S. Soldaten und eine wachsende Friedensbewegung führte in der Öffentlichkeit zu einer Abkehr von Kriegsspielzeug. So wurde aus G.I. Joe dann ein Abenteurer und die Themen wurden zivil und weniger martialisch ausgerichtet.
Die Ölkrise ließ die Figuren schrumpfen und etablierte Kleinformate bei den Figuren.
Auch wird die Stellung der Actionfigur im friedensbewegten Deutschland betrachtet und die Verzahnung von Spielzeugindustrie und Medien wie Comics, zielgruppenorientierten Werbespots zu den Figuren und auf den Toy-Lines basierende Zeichentrickserien werden unter die Lupe genommen.
Nicht zuletzt hat auch das Phänomen Sammeln einen festen Platz in der Ausstellung. Aus den Kindern der 60er, 70er und 80er Jahre wurden Erwachsene und mancher von ihnen fing an, das geliebte Spielzeug aus Kindertagen zu sammeln. So ist die Ausstellung für viele Besucher sicherlich auch eine nostalgische Reise in die eigene Kindheit. Beim Betrachten eines extra eingerichteten Kinderzimmers hatte sicherlich nicht nur ich ein Deja-Vu.
Der Fokus der Ausstellung liegt ganz klar auf dem Thema Actionfiguren als Spielzeug für Kinder. Der Markt der Collectibles für Erwachsene wie er Ende der 90er Jahre entstand, findet kaum Berücksichtigung. Hersteller wie McFarlane, NECA, Dragon, Sideshow und Hot Toys bleiben weitgehend unberücksichtigt. Eine Ausnahme zum ansonsten kindbezogenen Kontext der Ausstellung bildet die Kitbashing Vitrine. Hier werde ich natürlich schwer subjektiv, weil die Exponate darin meine eigenen Interessen berühren, die Vitrine von uns bestückt wurde und die Exponate von Freunden aus dem AFD Forum (Green Robert, Marius Niemietz, Bernd Müller, Christoph Hertwig) und mir stammen.
Persönlich hätte ich mir noch zwei Vitrinen zum Thema Collectibles gewünscht:
Eine für Figuren, die den Übergang vom Spielzeug zum Sammlerstück verdeutlichen, beginnend bei der Playmates Star Trek Serie hin zu den „coolen“ Toys von McFarlane und NECA.
Eine weitere Vitrine hätte die Geschichte des 1/6 Formates beleuchten können, von den G.I. Joe Collectors Re-Releases über 21st Century, Dragon und BBI zu den heutigen High End Figuren von Hot Toys und Enterbay. Damit wäre die Geschichte dann wirklich vollständig erzählt gewesen.
Aber ich schreibe dies aus der Perspektive eines Collectibles Enthusiasten. Das Thema der Ausstellung ist nicht die gesamte Geschichte der Actionfiguren. Es geht primär um Actionfiguren und ihrer Geschichte als Spielzeug. Nicht zuletzt hätte eine Erweiterung in Richtung Collectibes für Erwachsene wohl auch die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten gesprengt. Nicht nur Sammler kennen ein Platzproblem.
Die Ausstellung ist noch bis zum 8. September in der Dorenburg des Niederrheinischen Freilichtmuseums zu besichtigen Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.
Empfehlenswert ist auch das kleine Buch zur Ausstellung, das im Museum erworben werden kann.
Unser Facebook Album zur Ausstellung findet ihr hier.
Zur Vorbereitung der Ausstellung erstellte der Organisator und Museumspädagoge Kevin Gröwig einen informativen Blog.
Und das schreibt die Rheinische Post zur Ausstellung.