In diesem Monat wollen wir uns mit dem Thema Dioramenbau und eng damit verbunden, dem Modellbau beschäftigen. Dieser erste Artikel der Serie soll als kleine Einstimmung ins Thema dienen, in den weiteren Folgen beschäftigen wir uns dann mit praktischen Aspekten des Dioramenbaus.
Als Diorama (Plural: Dioramen; zu altgr. διοράω „ich sehe hindurch, durchschimmern, ich durchschaue“, also Durchscheinbild) bezeichnet man in der Nachfolge von Krippendarstellungen stehende Schaukästen, bei denen mit Modellfiguren und -landschaften vor einem oft halbkreisförmigen, bemalten Hintergrund zum Beispiel historische Szenen, soziale Milieus, Berufe oder Tiere in ihrer natürlichen Umgebung dargestellt werden. (wikipedia)
Dioramen haben mich von jeher fasziniert, egal ob es sich um 1:1 Darstellungen in einem Naturkundemuseum handelt oder um die Rekonstruktion antiker Gebäude oder um die Darstellung einer historischen Schlacht.
Dioramen begegnen uns an vielen Orten. Das beginnt schon in den Kinderzimmern und endet in den Museen dieser Welt. Es gibt Dioramen in allen nur erdenklichen Maßstäben. Wobei das darzustellende Thema oft den Maßstab vorgibt. Je größer der darzustellende Zusammenhang, desto kleiner der Maßstab. Natürlich wäre es theoretisch möglich alles in jedem erdenklichen Maßstab zu bauen, aber wir stoßen dabei natürlich schnell an Grenzen. Je größer etwas wird, desto höher ist der Materialbedarf, was die Kosten steigen lässt, ganz zu schweigen vom Platzbedarf. Den wenigsten von uns stehen ja große Hallen für diesen Zweck zur Verfügung. Wollten wir die Titanic in 1:6 bauen, dann wäre diese gut 45 m lang. In 1:12 wären es immer noch über 22 m. Und selbst in 1:72 wären es noch gut 3,70 m. Das ist immer noch entschieden zu groß fürs Bücherregal…
Geschichtlich kann man wohl die Weihnachtskrippe als eines der ältesten Dioramenmotive bezeichnen. Die 1562 von Jesuiten in Prag aufgestellte Weihnachtsdarstellung gilt heute allgemein als erste Nennung einer Krippe im heutigen Sinn. Weihnachtkrippen gibt es in allen möglichen Maßstäben – von 1:1 über sehr kompakte Darstellungen, die auch unter dem kleinsten Tannebaum noch Platz finden, bis hin zu Krippen im Schneekugelformat.
Weltberühmt sind die Krippen aus Neapel. Sehr zu empfehlen ist ein Besuch in der Via San Gregorio Armeno, der Straße der Krippenbauer in Neapel. Auch wenn man nicht vorhat, eine Krippe zu bauen, ist dieser Ort ein El Dorado für den Dioramenbau. Hier findet ihr ein kleines Facebook Album mit Bildern, die ich dort letztes Jahr gemacht habe: Via San Gregorio Armeno
Eine ebenfalls lange Geschichte hat die Puppenstube.
Die Geschichte der Puppenstube geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Das älteste bekannte Puppenhaus wurde 1558 für Herzog Albrecht V. von Bayern gebaut – allerdings nicht als Spielzeug, sondern als kleines Kunstwerk und Schaustück. Im 17. und 18. Jahrhundert griffen reiche Patrizierfamilien in Nürnberg und Augsburg diese Idee auf und ließen sich ihre Häuser im Kleinformat nachbauen, um ihren Reichtum zu zeigen. Zu dieser Zeit waren sie lediglich Präsentationsobjekte der Erwachsenen und Anschauungsobjekte für Kinder. Erst im Biedermeier entstanden die ersten Puppenstuben für Mädchen, um sie spielerisch auf ihre spätere Aufgabe als Hausfrau vorzubereiten. Vorbild waren die Wohnungen gehobener Bürgerfamilien, die möglichst naturgetreu nachgebildet wurden.
Im ersten Drittel des 19. Jahrhundert gab es auch einzelne Räume als Puppenstube, vor allem als Salons und Puppenküchen, die mit allen nötigen Küchengeräten ausgestattet waren. Zu dieser Zeit kam auch der Kaufladen auf, mit dem Geschwister zusammen spielen konnten. Mittlerweile wurden Puppenstuben industriell hergestellt, in ärmeren Familien entstanden sie jedoch in einfacher Form in Handarbeit (Wikipedia)
Und dann gibt es natürlich noch die gute alte Modelleisenbahn. Doch dazu später mehr.
Maßstäbe
Zur Einstimmung unternehmen wir einen kleinen Spaziergang durch die Welt der Dioramen.
Je größer etwas in der Realität ist, desto kleiner wird meist der Maßstab, um es darzustellen. Die oben erwähnte Titanic wäre im Maßstab 1:500 etwa 54 cm lang. In diesem Maßstab spielen menschliche Figuren keine Rolle mehr. Ein 1,80 großer Mann wäre noch ganze 3,6 mm groß.
Wir beginnen unsere Reise bei den kleinen Maßstäben.
Im Museo della Civiltà Romana steht ein Modell Roms zur Zeit Konstantins, erbaut von dem Architekten Italo Gismondi. Das Modell hat den Maßstab 1:250 und misst stolze 16 x 17 Meter. Unser 1,80 m Mann ist hier noch 7,5 mm groß. (Facebook Album)
Maßstäbe, die einerseits noch recht große räumliche Zusammenhänge darstellen können, andererseits aber auch menschliche Gestalten bereits recht gut abbilden können, sind das Modelleisenbahnformat H0 = 1:87. Und das Modellbauformat 1:72. Ein Mensch ist hier etwa 2 bzw. 2,5 cm groß. Auch viele Details wie z.B. Cafehaustische und Stühle lassen sich in diesem Maßstab bereits darstellen.
Im H0 Maßstab gibt es natürlich ohne Ende Material und Bausätze, Figuren, Autos, Zubehör und Materialien für den Landschaftsbau.
Der Maßstab 1:72 ist im Militärmodellbau recht beliebt, neben Figuren gibt es häufig Fahrzeuge und Flugzeuge in diesem Maßstab. (Facebook Album – Römermuseum Haltern)
Wenn die darzustellenden Zusammenhänge kleiner werden, beispielsweise wenn ein einzelnes Gebäudes gezeigt wird, kann der Maßstab größer werden. Viele Museums- und Architekturmodelle werden oft in einem Maßstab von etwa 1:50 gefertigt. Unser Mann ist hier 3,6 cm groß.
Ein paar sehr schöne Korkmodelle römischer Ruinen finden sich im Museum im Schloss Johannisburg in Aschaffenburg. (Facebook Album)
Figuren und diverse Modelle finden sich auch in den Maßstäben 1:35 und 1:32. Die Figuren sind dann etwa 5 bis 5,6 cm groß. Ein ideales Format für ein kleineres Stück Landschaft oder Bebauung.
Actionfiguren Formate beginnen bei dem durch die Star Wars Figuren von Kenner populär gewordenen 3 ¾ Inch Format. Gerade große Actionfiguren Serien in denen fast jeder Charakter aus den entsprechenden Filmen auftaucht, ermöglichen es dann fast jede Filmszene in einem Diorama nachzustellen. Ein paar Beispiele von Jimmy Wilhelmsson aus Malmö / Star Wars Diorama.
Im Maßstab 1:12 gab es eine große Figurenserie zu den Herr der Ringe Filmen vom Hersteller Toy Biz. Diese Figuren und natürlich die Begeisterung für die Filme und Bücher führten zu einem echten Dioramenbau Boom unter den Fans. Hier ein paar Beispiel von Michael Schmitt / http://www.lotr-customs.com/
Der Maßstab 1:12 (6 Inch) kann eine ganze Reihe Pluspunkte für sich verbuchen. Eine menschliche Figur ist hier 15 cm groß, wodurch ein Charakter nicht nur identifizierbar ist, sondern auch der Kopf ein glaubwürdiges Portrait des Vorbildes sein kann. Auch kleinere Gegenstände lassen sich schon sehr gut darstellen. Zudem ist 1:12 auch das klassische Puppenstubenformat. So lassen sich viele Zubehörteile und Bauteile wie Fenster,Türen und architektonische Details aus dieser Welt verwenden.
Auch mein erstes Diorama war im Maßstab 1:12. Die wichtigste Erfahrung dabei war, dass die Dinger eine ganze Menge Platz in Anspruch nehmen und man sehr schnell an Platzgrenzen stößt. Dieses Diorama hatte die Abmessungen von etwa 120 x 60 cm.
Wir nähern uns nun langsam dem Maßstab 1/6. Vorher machen wir noch kurz Station bei Big Jim. Eine Big Jim Figur ist 24 cm groß, was in etwa 1:7,5 entspricht. Ein Beispiel aus Benson’s Creek von Jens Lippe:
1/6 ist ein toller Maßstab in dem selbst kleinste Details wie etwa eine Rasierklinge noch dargestellt werden können.
Der Nachteil – Das Ganze wird schnell recht raumgreifend., denn immerhin ist ein Mensch hie 30 cm groß. Ein einfaches Zimmer mit den Grundmaßen 5 x 4 m ist in 1:6 83,3 cm x 66,67 cm groß. Wenn man also nicht unendlich viel Platz zur Verfügung hat, wird es sehr schnell eng in der Wohnung. Eine Möglichkeit besteht darin, die Grundfläche so klein wie möglich zu halten und etwa nur den Ausschnitt eines Zimmers abzubilden…
…oder man entschließt sich, wie ich es getan habe, zu einer modularen Bauweise und baut nicht für die Ewigkeit…
Hier noch ein schönes Beispiel für ein 1:6 Diorama von Nigel J Robson aus der Nähe von London. Sein Diorama zeigt “The Gem” aus der HBO Serie Deadwood. Im Diorama treffen wir dann natürlich auch ein paar Customsfiguren aus der Serie: Al Swearengen, Seth Bullock, Sol Star und Dan Dority. Mehr Bilder von Nigels Arbeit findet ihr im OSW Forum.
In der nächsten Folge wird es dann praktisch und ich stelle ein paar meiner Lieblingsmaterialien vor.
In unserem Facebook Album zum Artikel findet ihr noch ein paar weitere Bilder.