Kalenderblatt März: Charlie Chaplin und die Stop-Motion Technik

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Ein neuer Monat. Ein neues Kalenderblatt. Die Märzbilder zeigen die Charlie Chaplin Figur von ZC World, fotografiert von Pieter Hardeman. Viele Sammler veranstalten immer wieder Erstaunliches mit ihren Figuren. Sie bauen Kulissen, inszenieren ihre Helden in Fotos oder machen Comics mit ihnen. Pieter geht noch einen Schritt weiter und erweckt Actionfiguren mit Hilfe der Stop-Motion Technik zum Leben. Wie das vonstatten geht, erzählte uns Pieter in einem kleinen Interview.

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Du nutzt deine Figuren, um damit Stop-Motion Filme zu machen. Was war zuerst da? Hast du erst angefangen, Figuren zu sammeln und dachtest du dir irgendwann, es wäre doch toll, diese Figuren zu animieren oder wie kam das zustande?

Zuerst waren die Figuren da, denn ich sammele schon über 20 Jahren Figuren bzw. alles was es „en miniature“ gibt. Stop-Motion kam viel später, so vor etwa sieben Jahren. Die Auswahl bzw. die Kriterien meiner Figuren-Wahl haben sich allerdings seitdem ich bewusst auch an Animation denke stark verändert. War am Anfang nur das rein optische wichtig, stand plötzlich die Beweglichkeit im Vordergrund. So ärgere ich mich immer wieder über den Mangel an Beweglichkeit, wenn ich einen meiner älteren Schätze in den Händen halte. In dem Zusammenhang war ich dann auch schnell auf Actionfiguren im Maßstab 1 zu 6 verfallen, da sie das beste Handling und Beweglichkeit boten.

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Ich nehme mal an, Du suchst deine Figuren weniger nach einem bestimmten Thema, sondern mehr nach filmischer Verwertbarkeit aus?

Wie vorhin schon gesagt, die Figur muss beweglich sein. Aber ansonsten bin ich eigentlich nicht auf ein Thema fixiert. Hervorgehobene Details, Bemalung und realistisches „weathering“ spielen eine Rolle und meistens sind es eher die „Underdogs“ als die Helden die mich faszinieren 😉 .  Manchmal sucht man gezielt eine Figur als Protagonisten und dann ist die Geschichte übergeordnet aber ansonsten stehe ich eher auf schräge nicht alltägliche Figuren. Leider sind aber die Preise für viele tolle Figuren derzeit so hoch dass ich sie mir kaum noch leisten kann bzw. leisten will. Und das fällt mir manchmal sehr schwer, denn ich bin und bleibe Sammler und da sehe ich eigentlich täglich Figuren oder passendes Zubehör, was ich ganz, ganz gerne hätte 😉 . Manche Sachen findet man wiederum kaum und da ist Erfindungsgeist gefragt. Leider bin ich nicht ganz so handwerklich begabt und was ich dann manchmal in Foren an sogenannten „Custom Figuren“ sehe, lässt mein Herz höher schlagen. Wir dürfen nicht vergessen dass die meisten Stop-Motion Studios eine Crew haben die sich nur damit beschäftigt in Handarbeit bewegliche Figuren bzw. Armaturen herzustellen. Darum bin ich froh dass die Figurenindustrie immer detailliertere und beweglichere Figuren herstellt, was allerdings den Nebeneffekt hat, dass es nicht mehr als Spielzeug gesehen wird, sondern als Sammlerobjekt, was natürlich wiederum die Preise in die Höhe treibt. Naja, wenn ich jede Actionfigur nach meinen Wünschen herstellen lassen müsste, wäre ich sicherlich noch ärmer dran und mein Fundus wäre sicherlich nicht so umfangreich. Für meine derzeitige Auftragsarbeit; die Verfilmung eines Hörbuches einer Bärengeschichte, habe ich einfach Teddybären geköpft, Füllmaterial raus gezupft, dann mit einem bewegliches Skelett versehen und den Kopf wieder drauf gesetzt…

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Welche technischen Hilfsmittel benötigt man für die Umsetzung eines Stop-Motion Films?

Im Grunde genommen nur eine Figur, eine Kamera mit Stativ und eine Möglichkeit die vielen Bilder in ein Film umzuwandeln (Videoschnittprogramm), worüber im Grunde genommen heutzutage jeder PC (z.B. Windows Movie Maker) als Grundausstattung verfügt. So habe ich auch angefangen und man kann damit schon viele, viele tolle Stunden verbringen und verblüffende Ergebnisse erzielen. Allerdings arbeite ich seit ein paar Jahren mit einer Stop-Motion-Software (Dragonframe) womit man doch genauer arbeiten kann.

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Erstens kannst du deine Ergebnisse sofort sehen, kannst die Framerate (Bilder pro Sekunde) bestimmen und du hast einen sogenannten „Live-view“, wodurch du dein letztes Bild und die Position für das neue Bild abgleichen kannst. Du kannst also sehen, wie deine Bewegung sich verhält, abwägen in wie großen Schritten du das bewegen willst. Außerdem löst du die Kamera mit Tastatur aus, wodurch die Verwacklungsgefahr noch geringer wird, da du im Grunde genommen die Kamera nicht mehr berührst und du hast jederzeit die Möglichkeit den Fokus deiner Kamera mit der Software zu steuern.

Wie verhinderst du, dass die Figuren umfallen und somit die Kontinuität einer Bewegung zerstört wäre?

Ich benutze eine sogenannte „Dritte Hand“, oder auch „Löthilfe“; das ist eine Klemme mit Stativ. Diese hält meine Figur in Position während ich Arme, Beine oder Kopf der Figur bewegen kann.

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Was passiert alles in der Postproduktion?

In der Postproduktion muss ich genau diese „Standhilfen“ wieder entfernen sofern sie im Bild sichtbar sind. Und da ich meistens mit „Greenscreen“ arbeite, sprich nur eine grüne Fläche im Hintergrund habe, die dann später mit Software einfach transparent gemacht werden kann, muss ich noch die Hintergrundbilder einfügen. Ferner wird alles noch mit Ton versehen, Vorspann, Abspann, Fertig;)

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Musst du dazu denn jedes Bild von Hand retouchieren oder gibt es dazu Automatismen in der Software?

Ja, jedes Bild wird von Hand retuschiert aber das geht relativ fix. Ich muss nur eine ungefähre Maske drüberlegen da der Hintergrund (Greenscreen) auch weg kann. Die Standhilfen sind zwar auch grün aber ein bisschen Retusche ist noch notwendig…

Wie viel Zeit benötigst du in etwa, um eine Minute Film zu erstellen?

Hm, unterschiedlich… Es kommt darauf an, welche Framerate (Bilder pro Sekunde) ich verwende. Ich brauche natürlich drei Mal so viel Bilder wenn ich 24 anstelle von 8 Bilder pro Sekunde nehme, sprich 8×60=480 oder 24×60=1440. Wobei die Bewegung an sich flüssiger wird umso mehr Bilder pro Sekunde verwendet werden. Und es kommt natürlich darauf an, ob meine Figur nur eine Minute lang winken soll oder während der Minute in der Luft springen, sich dabei im Kreis drehen und vielleicht auch noch einen Purzelbaum machen soll… Und wie viel Zeit die Nachbearbeitung braucht. Aber lass uns mal von 8 Bildern pro Sekunde ausgehen und einen kleine Choreografie ohne sichtbare Standhilfen; ich würde mal sagen 4 Stunden…

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Du gibst ja auch Seminare für Kinder. Kannst du uns dazu etwas erzählen?

Nun, die Kinder (Workshops gibt es bei mir auch für Erwachsene!) kommen zu mir ins Lab und haben 4 Stunden Zeit, einen Stop-Motion Film zu „drehen“;) Als erstes gebe ich eine kurze Einführung wie Stop-Motion funktioniert und dann soll sich jeder eine Figur aus meinem Fundus aussuchen bzw. wir können auch mitgebrachte (bewegliche 😉 ) Figuren verwenden. Danach überlegen wir uns gemeinsam eine Handlung bzw. Geschichtchen. Dann zeige ich wie man am besten die Figuren bewegt, wie man „knipst“ (Dragonframe) und dann müssen die Kinder ran… Wenn Dialoge vorhanden sind, werden die auch noch schnell aufgezeichnet. Da 4 Stunden recht schnell vorbei sind, mache ich die Postproduktion dann meistens selber und der Film wird dann nachgereicht.

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Wie viele Kids sitzen denn in einem Seminar?

Bis zu 4 Kinder…

Kann mir vorstellen, dass das sehr anstrengend ist, aber auch ne Menge Fetz macht…

 Yo, ist eigentlich immer eine sehr lustige Angelegenheit.

Was war das überraschendste Ergebnis bei den Seminaren? Kamst du mal richtig ins Staunen darüber, was die Kids produzierten?

 Hm, da fällt mir jetzt nicht direkt was ein, aber es gab schon einige Situationen wo ich gestaunt habe, wie flott die Kinder voran gekommen sind.

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Welche Tipps kannst du unseren Lesern geben, die sich auch einmal darin versuchen wollen?

Wichtig ist nur dass die Kamera fest steht sonst wackelt jedes Bild. Und wichtig sind auch konstante Lichtverhältnisse. Wenn man also an einem wechselhaften (mal Sonne, mal keine Sonne) Tag arbeitet und das Tageslicht nicht aussperrt wird jedes Bild unterschiedlich belichtet was zu unerwünschten „Flackern“ führt. Wenn man dies berücksichtigt und vorsichtig ist beim Auslösen der Kamera (Verwacklungsgefahr) dürfte rein fotografisch alles ok sein. Beim „bewegen“ am besten mal ausprobieren wie groß die „Bewegungsschritte“ sein sollen, sprich Armbewegung von Unten nach Oben in 5 oder 10 Schritten und mal checken wie viele Bilder pro Sekunde sinnvoll sind bzw. wie lange jedes Bild angezeigt werden soll im Videoschnittprogramm. Außerdem verhindert man dass die Grundposition der Figur „verrutscht“ wenn man die Figur behutsam von unten an den Füßen festhält bevor man Kopf, Bein, Arm oder Hand bewegt…

Einfach ausprobieren, man bekommt relativ schnell den Dreh raus 😉 .

Hast du derzeit eigene Projekte in Planung?

Naja, ein von „Robot Chicken“ inspiriertes regelmäßiges Format bekommt allmählich erste Komplizen und Mittäter… Wenn sich alles gut entwickelt ist eine Pilotfolge bis Ende des Jahres sehr realistisch. Bis Ende Juni habe ich mit der Verfilmung des „Bärenhörbuches“ die Hände voll…

Vielen Dank für das spannende Gespräch. Ich muss dich echt mal in deinem Lab in Berlin besuchen oder besser gleich noch ein Seminar mitmachen.

 

Exklusiv für diesen Artikel hat sich Pieter nicht lumpen lassen und hat schnell seine Charlie Chaplin Figur animiert.

 Vielleicht erinnert Ihr Euch daran, dass ich im District über meine Comics geschrieben habe. Diese nahmen ihren Anfang mit dem Globetrotter Spiel, welches im Actionfiguren Forum gespielt wurde. Eine Actionfigur namens Tom wurde auf die Reise zu den Forumsmitgliedern geschickt und jeder machte dann Fotos mit Tom. Man fotografierte ihn vor den Sehenswürdigkeiten der Stadt oder machte Bilder mit ihm und der eigenen Sammlung. Ich machte meinen ersten Figuren Comic. Auch Pieter war an diesem Spiel beteiligt und inszenierte Tom in zwei Stop-Motion Filmen.

Und hier ist Pieters Website Toystorylab.

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